Am 09. März 2023 hat die Europäische Kommission die Änderungsverordnung zur Änderung der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung (AGVO) gebilligt.
Die Änderung erfolgt im Zusammenhang mit der im Februar von der Kommission veröffentlichten Mitteilung „Ein Industrieplan zum Grünen Deal für das klimaneutrale Zeitalter“, in der die Kommission unter anderem vorsieht, für Schlüsselsektoren, wie Wasserstoff, CO2-Abschneidung und -Speicherung oder emissionsfreie Fahrzeuge die Möglichkeiten der nationalen Finanzierung zu erweitern und zu vereinfachen (siehe Europas Agenda zur Gestaltung des Wandels – BeihilfenBlog)).
Zu diesem Zweck nahm sie ebenfalls am 09. März 2023 den Befristeten Rahmen zur Krisenbewältigung und zur Gestaltung des Wandels (TCTF) an, in dem die Kommission gegenüber dem bisherigen Befristeten Krisenrahmen (TCF) zusätzliche Möglichkeiten vorsieht, Investitionen für einen schnelleren Ausbau erneuerbaren Energien zu fördern und die Dekarbonisierung der Industrie zu unterstützen.
Die überarbeiteten und neu geschaffenen Freistellungstatbestände und Schwellenwerte der AGVO bieten den Mitgliedstaaten nun insbesondere in diesen Schlüsselbereichen eine Vielzahl an Möglichkeiten, Beihilfen ohne vorherige Genehmigung durch die Kommission zu gewähren.
Außerdem werden die Freistellungsvoraussetzungen der AGVO an die in der jüngeren Vergangenheit erfolgten Änderungen zahlreicher Beihilfeleitlinien angeglichen. So sollen die Vorgaben der AGVO nun im Einklang mit den bereits zuvor erneuerten Vorgaben der Leitlinien für staatliche Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (kurz „KUEBLL“, siehe Aus UEBLL wird KUEBLL – BeihilfenBlog), des Unionsrahmens für Forschung, Entwicklung und Innovation, der Breitbandleitlinien (siehe Auf in den digitalen Wandel – BeihilfenBlog), der Regionalbeihilfeleitlinien und der Risikofinanzierungsleitlinien (siehe Leitlinien für staatliche Beihilfen zur Förderung von Risikofinanzierungen – altes Kleid in neuem Gewande – BeihilfenBlog) stehen.
In den kommenden Wochen wird die Übersetzung des Textes in allen EU-Amtssprachen förmlich angenommen und am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.
Die wesentlichen Änderungen im Einzelnen:
Die Änderungen umfassen neben diesen Angleichungen vor allem die folgenden Punkte:
Die Möglichkeiten, Umweltschutz- und Energiebeihilfen zu gewähren, wurden erweitert. So wurde insbesondere Kapitel III Abschnitt 7 der AGVO umfangreich überarbeitet, um verstärkt den Ausbau von für den Umweltschutz und für die Energiewende entscheidenden Sektoren, wie erneuerbare Energien, Dekarbonisierung, umweltfreundliche Mobilität und Biodiversität, zu fördern.
Entsprechend wurden die Anmeldeschwellen für Umweltschutzbeihilfen und Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation deutlich angehoben. So können beispielsweise allgemeine Investitionsbeihilfen für den Umweltschutz nun in Höhe von bis zu 30 Mio. EUR pro Unternehmen und Investitionsvorhaben auf Grundlage der AGVO gewährt werden (anstelle von zuvor 15 Mio. EUR). Die Anmeldeschwellen für spezifische Investitionsbeihilfen für den Umweltschutz wurden weiter ausdifferenziert und größtenteils ebenfalls angehoben (z.B. Verdopplung der Anmeldeschwelle bei Investitionsbeihilfen für öffentlich zugängliche Lade- oder Tankinfrastruktur für emissionsfreie oder emissionsarme Fahrzeuge). Gleichermaßen wurden die Anmeldeschwellen für Forschungs- und Entwicklungsbeihilfen neben ihrer Anhebung in weiteren spezifischen Kategorien ausdifferenziert.
Die neu eingeführten Artikel 19c und 19d ermöglichen eine Freistellung von bestimmten Beihilfemaßnahmen der Mitgliedstaaten zur Regulierung der Energiepreise.
Artikel 25 sieht nunmehr eine Erhöhung der Beihilfeintensitäten und Anmeldeschwellen bei solchen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben vor, an denen Beihilfeempfänger in mehreren Mitgliedstaaten teilhaben, um die Durchführung von wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Project of Common European Interest, „IPCEI“) zu erleichtern.
Ausbildungsbeihilfen sind nun im Umfang von 3 Mio. EUR pro Ausbildungsvorhaben freigestellt (zuvor 2 Mio. EUR), um mehr Schulungs- und Umschulungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Neben der allgemeinen Angleichung der AGVO an die Risikofinanzierungsleitlinien wurden die Bestimmungen über Risikofinanzierungsbeihilfen für KMU und Unternehmensneugründungen in Kapitel III Abschnitt 3 präzisiert und gestrafft.
Schließlich wurde die AGVO bis Ende 2026 verlängert, um in Anbetracht der erfolgten Änderungen ‑ insbesondere in den Bereichen des grünen und digitalen Wandels – hinreichend Rechtssicherheit und Regulierungsstabilität zu gewährleisten.
*Diesen Beitrag schrieb Christopher Hanke während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei MWP.