Bund startet Maßnahmenpaket für vom Krieg betroffene Unternehmen

Nach Genehmigung der deutschen Beihilferegelung zur Unterstützung für vom Ukraine-Krieg betroffene Unternehmen durch die Europäische Kommission haben Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner am 08.04.2022 ein umfassendes Maßnahmenpaket vorgestellt.

Hintergrund

Als Reaktion auf die militärische Aggression Russlands hat die europäische Kommission am 23. März 2022 einen befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfe angenommen (mehr dazu hier). Auf Grundlage dieses Krisenrahmens hat Deutschland eine Beihilferegelung bei der Kommission angemeldet, die am 19. April 2022 genehmigt wurde (mehr dazu hier).

Durch die Beihilferegelung können alle Unternehmen mit Ausnahme der Finanzbranche Unterstützung erhalten, sofern sie von der derzeitigen geopolitischen Krise betroffen sind. Die Details zur Antragstellung und Umsetzung der Beihilferegelung wurden schließlich am 08.04.2022 in einem umfassenden Maßnahmenpaket des Bundes vorgestellt.

Maßnahmenpaket des Bundes

Das Maßnahmenpaket ist befristet bis zum 31.12.2022. Es beinhaltet folgende 5 Säulen:

  1. KfW-Kreditprogramm UBR 2022
  2. Bürgschaftsprogramme
  3. Zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise
  4. Zielgerichtete Eigen- und Hybridkapitalhilfen
  5. Unterstützung von Energieunternehmen bei bestimmten Liquiditätsengpässen

Das KfW- Kreditprogramm UBR 2022 und die Bürgschaftsprogramme sind schon gestartet. Die anderen Instrumente werden folgen.  

1. KfW-Kreditprogramm UBR 2022

Das KfW-Kreditprogramm UBR 2022 ist seit dem 09.05.2022 aktiv (zum Förderprogramm). Unternehmen aller Größenordnungen und Branchen und freiberuflich Tätige erhalten hierdurch Zugang zu zinsgünstigen Krediten. Die KfW übernimmt bis zu 80 % des Risikos ihrer Hausbank und verzichtet auf eine eigene Risikoprüfung bei Krediten bis zu 3 Mio. EUR, um eine schnelle Verfügbarkeit zu gewährleisten. Der Kredithöchstbetrag ist begrenzt auf

  • 15 % des durchschnittlichen Umsatzes der letzten 3 Jahre oder
  • 50 % der Energiekosten der letzten 12 Monate vor Antragstellung oder
  • Bei Krediten über 25 Mio. EUR: 50 % der Gesamtverschuldung oder 30 % der Bilanzsumme.

Die Höhe der Kredite ist jedoch bei 100 Mio. EUR je Unternehmen gedeckelt. Die Kredite werden zu einem vergünstigten Zinssatz vergeben und beinhalten bis zu 2 tilgungsfreie Jahre.

Förderfähig sind Unternehmen und freiberuflich Tätige, die

  1. zwei vollständige Jahresabschlüsse vorweisen können und
  2. sich nicht zum 31.12.2021 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben und
  3. während der Kreditlaufzeit keinen Gewinn oder Dividende ausschütten.

Zusätzlich muss eine der folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Umsatzrückgang, wenn in den letzten 3 Jahren mindestens 10 % des Umsatzes in den Märkten Ukraine, Russland und Belarus gemacht wurde
  • Produktionsausfall in der Ukraine, in Russland und Belarus oder durch fehlende Rohstoffe und Vorprodukte aus diesen Ländern
  • Produktionsausfall in der Ukraine, in Russland und Belarus durch geschlossene Produktionsstätten
  • Gestiegene Energiekosten (bei mindestens 3 % Energiekostenanteil am Umsatz 2021)

2. Bürgschaftsprogramme

Die Erweiterung der Bund-Länder-Bürgschaftsprogramme für vom Krieg nachweislich betroffene Unternehmen sind seit dem 29.04.2022 aktiv (zur Antragstellung). Betroffen sind Programme der Bürgschaftsbanken und das Großbürgschaftsprogramm. Die Höhe der Bürgschaftsbeträge reicht bis zu 50 Mio. EUR mit einer Bürgschaftsquote von 80 % durch die Bürgschaftsbanken. Die Förderung ist an folgende Bedingungen geknüpft:

  1. Das zugrundliegende Vorhaben ist volkswirtschaftlich förderungswürdig, das Unternehmenskonzept wirtschaftlich tragfähig und eine anderweitige Finanzierung ist nicht möglich.
  2. Das Unternehmen darf sich nicht zum 31.12.2021 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden haben.

Zusätzlich muss wieder eine der folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Umsatzrückgang, in den letzten 3 Jahren um mindestens 10 % des Umsatzes in den Märkten Ukraine, Russland und Belarus
  • Produktionsausfall in der Ukraine, in Russland und Belarus oder durch fehlende Rohstoffe und Vorprodukte aus diesen Ländern
  • Produktionsausfall in der Ukraine, in Russland und Belarus durch geschlossene Produktionsstätten
  • Gestiegene Energiekosten (bei mindestens 3 % Energiekostenanteil am Umsatz 2021)

3. Zeitlich befristeter Zuschuss für Unternehmen mit hohen Zusatzkosten aufgrund gestiegener Erdgas- und Strompreise

Für Unternehmen, die durch gestiegene Energiekosten stark belastet sind, wird es in naher Zukunft einen zeitlich befristeten und eng umgrenzten Kostenzuschuss geben. Der Direktzuschuss setzt sich aus der der Preisdifferenz der gezahlten Strom- und Gaskosten im Jahr 2022 im Vergleich zu den im Jahr 2021 angefallenen Kosten zusammen. Die Preisdifferenz oberhalb einer Verdopplung des Erdgas- und Strompreises wird anteilig bezuschusst. Förderfähig ist, wer

  1. einer energie- und handelsintensiven Branche gemäß KUEBLL-Anhang angehört und
  2. mindestens 3 % Energiebeschaffungskosten nachweisen kann.

Es wird drei Förderstufen geben:

  • 30 % der Preisdifferenz und bis zu 2 Mio. EUR
  • 50 % der Preisdifferenz und bis zu 25 Mio. EUR bei einem Betriebsverlust aufgrund der zusätzlichen Energiekosten
  • 70 % der Preisdifferenz und bis zu 50 Mio. EUR bei einem Betriebsverlust aufgrund der zusätzlichen Energiekosten und Zugehörigkeit zu einem besonders betroffenen Sektor gemäß Anhang 1 zum TCF

Die prozentuale Förderung wird jedoch im Juli einmalig um 10 % abgeschmolzen.

4. Zielgerichtete Eigen- und Hybridfinanzierung

Die zielgerichtete Eigen- und Hybridfinanzierung betrifft große Unternehmen der Realwirtschaft, die aufgrund des Ukraine-Krieges Verluste erlitten und deren Bestandsgefährdung erhebliche Auswirkungen auf die Volkswirtschaft hätte. Wie genau diese Hilfe ausgestaltet wird, ist noch nicht abschließend geklärt. Die Hilfe soll jedoch in Form von Eigen- und Hybridkapital z.B. in Form von stillen Beteiligungen oder Nachrangdarlehen erfolgen.

5. Unterstützung von Energieunternehmen bei bestimmten Liquiditätsengpässen

Unternehmen, die Strom und Erdgas kaufen und verkaufen, tun dies meistens durch Termingeschäfte, um eine Planungssicherheit zu haben. Für diese Geschäfte müssen Unternehmen, die Energieprodukte auf Termin verkaufen, Sicherheitsleistungen erbringen. Diese Sicherheitsleistungen sind aufgrund der steigenden Preise erheblich gestiegen, weshalb auch Energieunternehmen einen erhöhten Bedarf an Liquidität haben. Um einen Liquiditätsengpass zu vermeiden und zur Sicherstellung des Energiemarktes sollen deshalb Unternehmen die Möglichkeit bekommen, kurzfristig Liquidität durch unterlegte Kreditlinien der KfW zu erhalten.

Eine genaue Ausgestaltung liegt ebenfalls noch nicht vor. Besichert werden aber nur Absicherungs- und keine Spekulationspositionen. Außerdem dürfen bestehende Kreditlinien nicht verringert werden und müssen zuerst ausgeschöpft worden sein, bevor eine Förderung in Betracht kommt. Die Mitglieder der Leitungsorgane müssen schließlich auf erfolgsabhängige Bonus-Zahlungen verzichten. Der Kreis der Unternehmen, die unter diese Förderung fallen können, dürfte aus diesen Gründen überschaubar sein.

Fazit

Vom Ukraine-Konflikt betroffene Unternehmen können nun endlich auf die ersten beiden Säulen des Maßnahmenpakets zugreifen. Diese Möglichkeit sollten die Unternehmen auch nutzen, da das Maßnahmenpaket befristet nur bis zum 31.12.2022 weiterläuft. Zu spät gestellte Anträge werden nicht mehr berücksichtigt.

Die genaue Ausgestaltung der Säulen 3-5 des Maßnahmenpaketes erfolgt jetzt zügig und in enger Absprache des BMWK und des BMF und wird in den kommenden Wochen erwartet. Wir halten Sie diesbezüglich auf dem aktuellen Stand.

*Diesen Beitrag schrieb Hans-Joachim von Salmuth während seines Referendariats bei MWP.

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