Forschungsbeihilfen – Was gibt es Neues?

Die Kommission hat am 8.4.2021 mit der Konsultation des neuen FuEuI-Rahmens begonnen. Interessierte Parteien sind bis zum 3.6.2021 aufgefordert, Stellungnahmen zum veröffentlichten Entwurf der Kommission abzugeben.

Außerdem steht die „Kleine-AGVO-Reform“ bevor, die auch Forschungsbeihilfen betrifft und es gibt einen „Decision-Tree“ für die Frage „Beihilfe oder nicht“, auf den ich Sie gern aufmerksam machen möchte.

Konsultation des Vorschlags der Kommission zur Überarbeitung des FuEuI-Rahmens

Der aktuelle Unionsrahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation – so der offizielle Titel, kurz:„FuEuI-Rahmen“ – stammt aus dem Jahr 2014. Er gibt bis heute zum einen Ansätze, unter welchen Voraussetzungen ein Forschungsvorhaben beihilfefrei finanziert und zum anderen, Vorgaben wann und in welcher Höhe eine staatliche Beihilfe von der Kommission genehmigt werden kann. Außerdem finden sich im FuEuI-Rahmen Definitionen, die auch im Anwendungsbereich der AGVO oder IPCEI-Mitteilung hilfreich sind. Die AGVO regelt dabei in den Art. 25 ff., wann eine staatliche Beihilfe für Forschung, Innovation und Entwicklung von der Notifizierungspflicht freigestellt ist.
Die Anwendung des bestehenden FuEuI-Rahmens ist im Gegensatz zu anderen Rechtstexten nicht befristet, vielmehr hat sich die Kommission verpflichtet, diesen „Unionsrahmen zu überprüfen oder zu ändern, wenn sich dies aus wettbewerbspolitischen Gründen, aufgrund anderer Politikbereiche der Union oder internationaler Verpflichtungen oder aus anderen triftigen Gründen als erforderlich erweist“ (Rn. 129). Im Rahmen Ihres allgemeinen Fitness-Checks evaluiert die Kommission derzeit das gesamte beihilferechtliche Regelwerk. Bei der Evaluierung des FuEuI-Rahmens berücksichtigt sie insbesondere ihre aktuellen politischen Ziele im Zusammenhang mit dem Green Deal und dem digitalen Wandel
Nun hat die Kommission einen ersten Entwurf für die Überarbeitung des FuEuI-Rahmens veröffentlicht.

Geplante Neuerungen

Ziel der Kommission ist es, bestehende Definitionen von Forschungs- und Innovationstätigkeiten zu verbessern und zu vereinfachen. Daher ist z.B. die Einführung einer vereinfachten Methode zur Berechnung der indirekten Kosten zur Ermittlung der förderfähigen Kosten vorgesehen. Ziel ist, durch klare und einfachere Regelungen Mitgliedstaaten und Beihilfenempfängern mehr Rechtssicherheit zu bieten und den Verwaltungsaufwand für Unternehmen und Behörden zu verringern, mit dem Ziel FuEuI-Investitionen zu erleichtern.
Weiter geht es der Kommission um die Einführung neuer Bestimmungen zur Unterstützung von Technologieinfrastrukturen. Zu Technologieinfrastrukturen gehören u.a. Pilotanlagen, Testanlagen, Demonstratoren, Digital Innovation Hubs, für die es bislang keine expliziten Beihilferegelungen gab. Durch die Aufnahme von Genehmigungskriterien in den FuEuI-Rahmen soll eine raschere Entwicklung innovativer Technologien – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – ermöglicht werden, um den grünen und digitalen Übergang der EU-Wirtschaft zu erleichtern. Die staatliche Förderung von Technologieinfrastrukturen ist aufgrund von Marktversagen insbesondere im Zusammenhang mit der Umwandlung von Forschungsergebnissen in Innovationen erforderlich. Dieser Bereich ist regelmäßig durch hohe wirtschaftliche Risiken geprägt, die KMU mangels privater Investoren vielfach nicht allein tragen können.
In Rn. 40 des bisherigen FuEuI-Rahmens finden sich Ausführungen zu der beihilferechtlichen Bewertung von sog. wirtschaftlichen Nebentätigkeiten. Die Kommission geht davon aus, dass bei wirtschaftlicher und nicht-wirtschaftlicher Nutzung einer Forschungsinfrastruktur oder einer Forschungseinrichtung – soweit ihre jährliche Gesamtkapazität nur bis maximal 20% für nicht-wirtschaftliche Nebentätigkeiten genutzt wird – die staatliche Finanzierung insgesamt keine Beihilfe darstellt. Voraussetzung ist allerdings, dass die wirtschaftliche Tätigkeit unmittelbar mit dem Betrieb der Infrastruktur verbunden und dafür erforderlich ist oder in untrennbarem Zusammenhang mit der nicht-wirtschaftlichen Haupttätigkeit steht.
Über den Anwendungsbereich des FuEuI-Rahmens hinaus findet dieser Ansatz inzwischen im gesamten Beihilfenrecht Anwendung (s. dazu Rn. 207 der Bekanntmachung zu Beihilfenrecht mit Hinweis auf Rechtsprechung). Im Rahmen des aktuellen Entwurfs des FuEuI-Rahmens stellt die Kommission jetzt klar, dass auch im Zusammenhang mit der Einhaltung der 20%-Grenze für die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit der im Beihilferecht übliche 10jährige Kontrollzeitraum (ab Aufnahme der Nebentätigkeit) gilt. Für den Fall, dass sich der Anteil der Nebentätigkeit erhöht, unterfällt die staatliche Finanzierung der wirtschaftlichen Tätigkeit insgesamt den Vorschriften des Beihilfenrechts und nicht nur der überschießende Anteil. Das bedeutet für die betreffenden Stellen neben der Einrichtung einer Trennungsrechnung auch eine genaue Überprüfung der Entwicklung der wirtschaftlichen Tätigkeit. Beides sollte wohl auch außerhalb des Anwendungsbereichs des FuEuI-Rahmens zukünftig sichergestellt werden.

Die kleine AGVO-Reform

Im Rahmen einer „kleinen AGVO-Reform“ plant die Kommission eine Erweiterung der Freistellungsmöglichkeiten im Bereich FuEuI. Freigestellt werden Beihilfen für bestimmte Vorhaben, für die trotz hervorragender Bewertung keine Haushaltsmittel aus dem EU-Forschungsprogramm Horizont Europa mehr zur Verfügung stehen. Geplant ist auch eine vereinfachte Kombination von Beihilfen mit Unionsförderung in Kofinanzierungsprogrammen mit Horizont Europa. Die geplante Änderung, die Ende April/Anfang Mai in Kraft treten soll, hat den Charme, dass die beihilfegewährende Stelle die Beihilfefähigkeit des FuEuI-Vorhabens nicht mehr prüfen muss, da diese bereits unter Horizont Europa-Bedingungen geprüft wurde.

Decision Tree

Unbedingt lesenswert ist der neue Decision Tree zum Thema FuEuI. Dieser Entscheidungsbaum wurde vom Gemeinsamen Forschungszentrum der Kommission (JRC) in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion für Forschung und für Wettbewerb sowie externen Fachleuten entwickelt, um insbesondere Forschungseinrichtungen und Hochschulen einen Leitfaden für die beihilferechtliche Prüfung von Forschungsvorhaben an die Hand zu geben. Bei Interesse finden Sie mehr unter diesem Link

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Joachim Erdmann

    Zur Nebentätigkeitsfrage: Im Hinblick darauf, dass es Forschungseinrichtungen erlaubt sein sollte, Kosten durch geringfügige kommerzielle Einrichtungen zu senken und damit zum „best value for taxpayer´s money“ beizutragen, also öffentlich Mittel wirksamer einzusetzen, ohne gegen das Beihilferecht zu verstoßen, erscheint Folgendes sinnvoll:

    Eine tatsächliche unmittelbare Verbundenheit bzw. Erforderlichkeit bzw. untrennbarer Zusammenhang erscheint danach nicht geboten, vielmehr reichen dieselbe Inputs, vgl. von Wendland, BRZ 2019, S. 9, 17

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