Am 2. Juli 2020 hat die EU-Kommission die Verlängerung einiger Beihilferegelungen beschlossen. Damit wird auch über 2020 hinaus Rechtssicherheit und Transparenz bei der Anwendung der Beihilfevorschriften gewährleistet.
Gleichzeitig hat die Kommission damit Zeit gewonnen, die Aktualisierungen der Vorschriften auf Grundlage des laufenden „Fitness-Checks“ vorzubereiten und bei der anstehenden Überarbeitung auch die Vorgaben des „Green deal“ und der „Digitalen Agenda“ zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen hat die Kommission auch die Gelegenheit genutzt, um einige Vorschriften gezielt auf die Bedürfnisse der Unternehmen in der Corona-Krise anzupassen.
Verlängerung der Geltung der AGVO und der de-minimis Verordnung:
vom 2. Juli 2020 hat die Kommission die Geltungsdauer der de-mimis-Verordnung und der AGVO um drei Jahre bis zum 31.12.2023 festgelegt. Inhaltlich hat sie folgende Änderungen vorgenommen:
- Mitgliedstaaten, die Beihilferegelungen auf Grundlage der AGVO verlängern möchten, werden aufgefordert, der Kommission eine aktualisierte Kurzbeschreibung der Maßnahme zu übermitteln.
- Auf der Grundlage des Kapitels III Abschnitte 1 (ausgenommen Artikel 15), 2, 3, 4, 7 (ausgenommen Artikel 44) oder 10 der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 eingeführte Regelungen, deren durchschnittliche jährliche Mittelausstattung 150 Mio. EUR übersteigt, die durch einen Kommissionsbeschluss länger als sechs Monate freigestellt wurden und die der betreffende Mitgliedstaat über den 31. Dezember 2020 hinaus verlängern möchte, sind bis zum 31. Dezember 2023 freigestellt, sofern der betreffende Mitgliedstaat der Kommission die aktualisierte Kurzbeschreibung übermittelt und im Einklang mit dem von der Kommission genehmigten Evaluierungsplan einen abschließenden Evaluierungsbericht vorgelegt hat.
- Angesichts der wirtschaftlichen und finanziellen Folgen des COVID-19 Ausbruchs übernimmt die Kommission die aktuelle Begriffsbestimmung von Unternehmen in Schwierigkeiten aus dem „Temporary-Framework“ auch für die AGVO: Unternehmen, die am 31. Dezember nicht in Schwierigkeiten waren und erst später in Schwierigkeiten geraten sind, können damit bis zum 30. Juni 2021 auf Grundlage der AGVO freigestellte Beihilfen erhalten.
- Muss ein Unternehmen aufgrund des Corona-Ausbruchs Personal abbauen, soll das nicht als technischer Verstoß gegen die Verpflichtungen gelten, die es im Gegenzug zum Erhalt von Regionalbeihilfen in Bezug auf Standortverlagerungen eingegangen ist. Diese Ausnahmeregelung soll vom 1. Januar 2020 bis zum 30. Juni 2021 gelten.
Verlängerung der Geltung von sieben Leitlinien für staatliche Beihilfen
Bis zum 31. Dezember 2021 wird die Anwendung der Regionalleitlinien (Verlängerung der nationalen Fördergebietskarte muss bis September 2020 bei der Kommission beantragt und von dieser genehmigt werden), der Energie- und Umweltschutzleitlinien (Anpassung der Berechnungsmethoden zum Erhalt der Förderfähigkeit von Unternehmen, bei Corona-bedingtem Rückgang der Strompreise), der Risikokapitalleitlinien, der IPCEI-Mitteilung, des FuEuI-Rahmens sowie der Mitteilung für kurzfristige Exportversicherung verlängert. Die Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien bleiben bis zum 31. Dezember 2023 anwendbar.
Auch für diese Rechtstexte erfolgt eine allgemeine Anpassung des Begriffs des Unternehmens in Schwierigkeiten wie in der AGVO und im „Temporary Framework“ (Mitteilung der Kommission vom 08.07.2020 (2020/C 224/02) ).
DawI de- minimis-Verordnung
Parallel dazu hat die Kommission vorgeschlagen, die DawI de-minimis-Verordnung – die nicht Teil des „Fitness-Checks“ ist, aber ansonsten auch am 31. Dezember 2020 ausläuft – um drei Jahre zu verlängern (die Konsultation läuft noch bis zum 3. August 2020). In diesem Zusammenhang schlägt die Kommission auch eine Anpassung dieser Verordnung vor, damit Unternehmen, die aufgrund des Ausbruchs des Coronavirus in Schwierigkeiten geraten sind, für einen begrenzten Zeitraum auf Grundlage der DawI de- minimis- Verordnung gefördert werden können.
Anmerkung
Die Verlängerungen und Anpassungen – insbesondere an den Begriff des Unternehmens in Schwierigkeiten aus dem Temporary Framework – sind zielführend und hilfreich. Neben den Sonderregelungen der Kommission zur wirtschaftlichen und finanziellen Unterstützung von Unternehmen im Rahmen der Corona-Krise, bleiben damit auch andere Regelungen weiterhin anwendbar. Unabhängig von der bislang rückläufigen Entwicklung der Corona-Krise sind die wirtschaftlichen Schwierigkeiten in vielen Branchen noch längst nicht behoben. Daher ist es norwendig, für deren Finanzierung auch auf die üblichen Beihilfeinstrumente zurückgreifen zu können und damit vielleicht den ersten Schritt in die „neue beihilferechtliche Normalität“ zu gehen.
*Der Beitrag wurde zusammen mit Jasper Meyer während seiner Tätigkeit bei MWP verfasst.