Eesti Pagar oder die Entzauberung der AGVO

Eesti Pagar (Rs. C-349/17): Ein Urteil wie Eis an einem empfindlichen Zahn. Abwarten, nicht daran rühren, es wird schon wieder. Aber auch ein halbes Jahr nach der Entscheidung der großen Kammer des Gerichtshofs ist keine Selbstheilung eingetreten. Im Gegenteil, der EuGH legte mit dem Urteil in der Rechtsmittelsache C‑654/17 P „BMW“ nach. Die Urteile schränken den Spielraum der Mitgliedstaaten stark ein und werden die Fallzahlen bei der Kommission entgegen ihren Bestrebungen wieder erhöhen. Dabei wirken die Urteile dogmatisch fundiert, die Kritik entzündet sich an der Rechtsunsicherheit, die sie schüren, und an der rechtsstaatlich bedenklichen Neigung des EuGH, dem am beihilferechtlichen Prüfverfahren unbeteiligten Beihilfeempfänger Pflichten aufzuoktroyieren.

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Die Kür der Champions

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier verlautbart im Rahmen seiner Nationalen Industriestrategie 2030 im Wesentlichen Anforderungen an die europäische Industrie- und Wettbewerbspolitik. Die Unterordnung Europäischer Strategien und Ziele unter das nationale Interesse mag eine Referenz an den euroskeptischen Zeitgeist oder nur eine Ungeschicklichkeit bei der Wahl von Titel und Untertitel sein. Der Umstand, dass der letzte Politiker, der eine Agenda hatte und diese mit einer runden Jahreszahl versah, zwar Recht hatte, seine Partei aber auf diese Agenda nicht mehr angesprochen zu werden wünscht, hat Peter Altmaier jedenfalls nicht abgehalten.

Ungeachtet aller nahe liegender Polemik verdient das 16seitige Papier, das weder Vollständigkeit noch ungeteilte Zustimmung beansprucht, eine inhaltliche Befassung auch aus dem Blickwinkel des EU-Beihilferechts.

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Beihilferechtliche Bewertung des Vorschlags eines Transformationsfonds

Der wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) hat in einem Sondergutachten zur deutschen G20-Präsidentschaft 2017 die Einrichtung eines nationalen Transformationsfonds empfohlen. Dieser staatliche Fonds soll gezielt in Schlüsselindustrien investieren, um die Dekarbonisierung zu beschleunigen und die CO2-Abhängigkeit zu überwinden. Die erworbenen Anteilsrechte sollen von dem Fonds mit dem Ziel genutzt werden, Nachhaltigkeitsaspekte bei Unternehmensentscheidungen durchzusetzen. Finanziert werden soll der Transformationsfonds aus Nachlasssteuern und 30% der Einnahmen aus CO2-Steuer und Emissionshandel. Es wird ein Fondsvolumen von 24 Mrd. € im Jahr 2020 angestrebt, das bis 2050 auf 780 Mrd. € anwachsen soll. Der Transformationsfonds soll durch Projektförderungen und bilaterale Klimakooperationen mit Entwicklungsländern ergänzt werden, die ebenfalls in vergleichbarer Höhe aus CO2-Steuer und Emissionshandel finanziert werden sollen. Die Erträge des Transformationsfonds sollen zur sozial- und strukturpolitischen Flankierung des Transformationsprozesses genutzt werden.

In einem vom WBGU und dem Institute for Advanced Sustainability Studies e.V. (IASS) am 12.06.2018 veranstalteten Workshop zum Transformationsfonds wurde auch die beihilferechtliche Einordnung abgefragt.

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61. Berliner Steuergespräch „Verbindliche Auskunft“

Die Europäische Kommission greife das von den steuerberatenden Zünften (und den Steuerpflichtigen) dringend benötigte Instrument der verbindlichen Auskunft an, so ein Beitrag auf der vom Berliner Steuergespräche e.V. ausgerichteten Veranstaltung. Beklagt wurde die Rechtsunsicherheit, die durch die Möglichkeit des Aufgreifens eines Falls durch die Kommission für einen Zeitraum von 10 Jahren bestehe. Das Aufgreifen von Fällen durch die Kommission geschehe willkürlich. An die Politik wurde appelliert, die Kommission in ihre Schranken zu weisen. Außerdem möge der Europäische Gerichtshof seine Rechtsprechung zum Vertrauensschutz überdenken. In Beihilfesachen ist dieser ausschließlich auf Auskünfte und Handlungen der Institutionen der Union ausgerichtet. Aus der Sicht des Steuerpflichtigen könne es jedoch nicht darauf ankommen, welche Einrichtung der öffentlichen Verwaltung den Vertrauenstatbestand schaffe.

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Muss die Erbschaftsteuer-Reform auch die EU-Beihilfenkontrolle passieren?

Die politische Einigung zu der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Reform der Besteuerung ererbten oder geschenkten Betriebsvermögens oder der Anteile an Kapitalgesellschaften ist noch frisch, da stellt sich die Frage, ob es jetzt gilt, auch noch die Europäische Kommission zu überzeugen. Die Erbschaftsteuer-Reform soll insbesondere mittelständische Unternehmen im Fall eines Eigentümerwechsels durch Erbschaft oder Schenkung vor einer Schwächung der Kapitalbasis, wenn nicht sogar vor der Zerschlagung oder Umsiedlung dadurch schützen, dass das betriebliche Vermögen bei der Festsetzung der Erbschafts- oder Schwenkungssteuer ganz oder teilweise verschont wird und dies nunmehr ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die bestehenden Verschonungsregelungen in den §§ 13 a und 13 b ErbStG sind verfassungswidrig, bleiben aber bis zur Neuregelung anwendbar. Aufgrund des verstärkten Interesses der Europäischen Kommission an steuerlichen Beihilfen, das bereits vor einiger Zeit zur Gründung einer entsprechend spezialisierten Dienststelle in der Generaldirektion Wettbewerb führte, könnten die neuen Verschonungsregelungen eine beihilferechtliche Prüfung erfahren.

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