Am 15. Juli 2022 hat die Europäische Kommission ein wichtiges Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse („Important Project of Commen European Interest“, kurz „IPCEI“) zur Förderung von Forschung und Innovation und der ersten gewerblichen Nutzung in der Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie genehmigt.
Der Genehmigungsbeschluss ist der erste, der auf Grundlage der neuen IPCEI-Mitteilung von 2021 (siehe Kommission nimmt überarbeitete IPCEI-Mitteilung an) ergeht.
Das Projekt umfasst 41 Vorhaben von 35 Unternehmen – hiervon 8 kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bzw. Start-Ups – aus den 15 Mitgliedstaaten Deutschland, Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Niederlande, Österreich, Polen, Portugal, Slowakei, Spanien und Tschechien. Aus Deutschland beteiligen sich die Unternehmen Sunfire, Bosch, EKPO und Daimler Truck. Die Unternehmen werden untereinander und mit über 300 weiteren externen Partnern in Europa, u.a. bestehend aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und KMU, zusammenarbeiten.
Die Mitgliedstaaten stellen iRd. Projektes mit dem Namen „IPCEI Hy2Tech“ insgesamt bis zu 5,4 Mrd. EUR an öffentlichen Mitteln bereit, um Vorhaben in einem Großteil der Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie zu ermöglichen und zu unterstützen. Hiervon umfasst sind Projekte in den Bereichen Wasserstofferzeugung, Brennstoffzellen, Speicherung, Transport und Verteilung und Anwendungen für Endverbraucher. Durch die Bereitstellung der öffentlichen Mittel dürften zusätzliche private Investition von bis zu 8,8 Mrd. EUR mobilisiert werden können. Außerdem sollen durch das IPCEI rund 20.000 direkte Arbeitsplätze geschaffen werden.
Voraussetzungen der IPCEI-Mitteilung
Die Kommission hat das Projekt nach Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV unter Anwendung der in der IPCEI-Mitteilung von 2021 aufgestellten Kriterien geprüft und genehmigt. Art. 107 Abs. 3 lit. b AEUV ermöglicht u.a. die Genehmigung von Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse. In ihrer IPCEI-Mitteilung von 2021 führt die Kommission aus, welche Kriterien sie bei der Anwendung dieser Vorschrift hinsichtlich der Genehmigung von IPCEIs prüft (detailliertere Übersicht über die Mitteilung und die dort aufgestellten Anforderungen). So sollen Investitionen in Vorhaben ermöglicht werden, die hoch innovativ sind und nicht die Massenproduktion oder kommerzielle Tätigkeit umfassen. Die iRd. Projektes gewonnenen Erkenntnisse müssen in der gesamten EU verbreitet werden und Spill-over-Effekte erzeugen. Gleichzeitig soll eine unverhältnismäßige Wettbewerbsverfälschung vermieden werden.
Das Projekt erfüllt diese Voraussetzungen:
Es trägt zu einem gemeinsamen Ziel der Europäischen Union bei, da die Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie für die Zukunft Europas und für wichtige politische EU-Initiativen (Grüner Deal, EU-Wasserstoffstrategie) von entscheidender Bedeutung ist.
Alle Einzelvorhaben haben zum Ziel, Technologien und Verfahren zu entwickeln, die über den derzeit auf dem Markt verfügbaren Stand der Technik hinaus gehen.
Die öffentliche Förderung ist erforderlich, um trotz erheblicher technologischer und finanzieller Risiken Investitionsanreize zu schaffen. So existiert derzeit noch kein etablierter Wasserstoffmarkt in Europa.
Die Beihilfen für die einzelnen Unternehmen sind auf das erforderliche Maß beschränkt, indem die geplanten Höchstbeträge mit den beihilfefähigen Kosten der jeweiligen Vorhaben und der Finanzierungslücke im Einklang stehen. Zusätzlich gewährleistet ein Rückforderungsmechanismus die Rückzahlung eines Teils der erhaltenen Beträge, wenn die Vorhaben zusätzliche Nettoerträge einbringen.
Die Ergebnisse werden von den einzelnen Unternehmen an die europäische Wissensgemeinschaft und auch an Unternehmen aus anderen Ländern weitergegeben, wodurch in ganz Europa positive Spill-over-Effekte erzielt werden sollen.
Weitere Informationen zur Prüfung der Kommission und über die Höhe der Beihilfen für die einzelnen Teilnehmer des IPCEI ergeben sich aus den jeweiligen öffentlich zugänglichen Versionen des Kommissionsbeschlusses, sobald diese veröffentlicht sind (SA. 64647 für Deutschland).
*Diesen Beitrag schrieb Christopher Hanke während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei MWP.