Kurz vor den Sommerferien hat die Kommission nun endlich entschieden, dem Hahn nicht den Kopf umzudrehen, sondern Betriebsbeihilfen i.H.v. 25,3 Mio. € zur Übernahme von Verlusten für die Jahre 2017 bis 2021 genehmigt. Damit steht der Teilprivatisierung des Regionalflughafens nichts mehr im Wege. Das Land Rheinland-Pfalz hatte seine Gesellschaftsanteile i.H.v. 82,5 % an den chinesischen HNA-Konzern verkauft. Mit Bestandskraft des Kommissionsbeschlusses dürfte daher der Wirksamkeit des Vertrages nichts mehr entgegenstehen. Das Land Hessen indes behält vorerst seine 17,5 % – Privatisierungsgespräche wurden abgebrochen. Wieder einmal hat die Kommission Betriebsbeihilfen zugunsten eines Regionalflughafens genehmigt. Viele von den kleinen und mittleren Flughäfen erwirtschaften schon seit Jahren Verluste, die mit staatlichen Mitteln – in den meisten Fällen durch die staatlichen Gesellschafter – finanziert werden. (s. zur Situation der Regionalflughäfen in Deutschland: http://beihilfen-blog.eu/regionalflughaefen-ready-for-takeoff/).
Die Kommission hat derzeit noch weitere Beihilfen für andere Regionalflughäfen auf dem Tisch. Der Flughafen Hahn hat nun mit der Teilprivatisierung und der damit verbundenen Genehmigung weiterer Betriebsbeihilfen den Weg in die beihilferechtliche Legalität gefunden. Dabei muss er sein ehrgeiziges Ziel, ab 2023 wieder rentabel zu wirtschaften und ohne weitere Betriebsbeihilfen auszukommen, allerdings erst noch unter Beweis stellen.
Grundlage für diese Beihilfegenehmigung sind die Flughafenleitlinien aus dem Jahr 2014. Diese legen die Voraussetzungen fest, unter denen Investitions- und Betriebsbeihilfen – gestaffelt nach Größe des Flughafens – genehmigt werden können. Konkret müssen die Maßnahmen dafür einen Beitrag zu einem Ziel von gemeinsamem Interesse leisten, darüber hinaus erforderlich, geeignet und angemessen sein. Die Beihilfe muss nachweislich einen Anreizeffekt haben und transparent sein. Zu guter Letzt müssen Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung hinnehmbar sein. Dabei handelt es sich um die Kriterien, die grundsätzlich für alle Beihilfen, die unmittelbar oder mittelbar auf Grundlage des Art. 107 Abs. 3 lit c AEUV genehmigt werden, Anwendung finden.
Die Flughafenleitlinien schreiben im Rahmen der Angemessenheitsprüfung jedoch eine zeitliche Befristung der Betriebsbeihilfen vor: Nach den allgemeinen Grundsätzen des Beihilfenrechts müssen Beihilfen, um angemessen zu sein, auf das erforderliche Minimum beschränkt sein. Um die Dauerfinanzierung von Betriebsverlusten von Regionalflughäfen einzudämmen, hat die Kommission deren Finanzierung durch staatliche Mittel auf eine Übergangszeit von 10 Jahren (Beginnend ab April 2014) beschränkt. Nach Ablauf dieses Zeitraums müssen die Flughäfen ihre Betriebskosten selber decken und diese positive Entwicklung mit einem Wirtschaftsplan belegen. Bis dahin können immerhin 50% der anfänglichen operativen Finanzierungslücke mit Hilfe von staatlichen Mitteln finanziert werden. Grundlage für die Berechnung dieser anfänglichen Finanzierungslücke sind die durchschnittlichen Verluste des jeweiligen Flughafens in den Jahren von 2009 bis 2013. Beginnend ab 2014 dürfte damit ein Flughafen bis 2024 jährlich 50% dieser Finanzierungslücke mit staatlichen Beihilfen decken.
Für Flughäfen bis zu 700.000 Passagieren hat die Kommission für einen Zeitraum von 5 Jahren beginnend ab dem Übergangszeitraum 2014 sogar einen Verlustausgleich bis zu 80% der anfänglichen operativen Finanzierungslücke zugelassen. Von dieser Sonderregel hat u.a. der Flughafen Heringsdorf erfolgreich Gebrauch gemacht. Mit unter 100.000 Passagieren im Jahr und einem Saisonbetrieb ist der Flughafen nicht in der Lage seine Verluste aus eigener Kraft zu finanzieren. Daher hat die Kommission zunächst Betriebsbeihilfen i.H.v. 80% der operativen Finanzierungslücke bis 2018 genehmigt. Wie dem Beschluss zu entnehmen ist, beabsichtigen die deutschen Behörden nach 2018 die Betriebsbeihilfen auf ein Drittel zu reduzieren. Jedoch wird bereits jetzt davon ausgegangen, dass staatliche Mittel auch weiterhin erforderlich sein werden.
Die Kommission hat in den Flughafenleitlinien festgelegt, dass sie mit Blick auf die veränderten Marktbedingungen und Rentabilitätsaussichten die Fortführung dieser Ausnahme nach Ablauf der Frist neu bewerten werde. Wie es mit dieser Ausnahmeregel und damit den Betriebsbeihilfen für Flughäfen unter 700.000 Passagieren nach 2019 weitergehen wird, ist bislang jedoch nicht absehbar.
Für Flughäfen mit einem durchschnittlichen jährlichen Passagieraufkommen in den letzten beiden Jahren bis zu 200.000 Passagieren bietet in der Zwischenzeit Art. 56a AGVO eine Grundlage für die Gewährung von Betriebsbeihilfen. Eine zeitliche Begrenzung gibt es für die freigestellten Beihilfen nicht und der Ausgleich beschränkt sich auf die tatsächlich anfallenden Betriebsverluste.
In der Luft hängen damit ab 2019 Flughäfen mit mehr als 200.000 und weniger als 700.000 Passagieren im Jahr. Rechtssichere Planungen oder gar Notifizierungen über April 2019 hinaus haben derzeit keine beihilferechtliche Rechtsgrundlage. Eine zeitnahe und praxisorientierte Lösung wäre hilfreich, da auch Flughäfen innerhalb dieser Range weiterhin erhebliche Schwierigkeiten haben dürften, volle Kostendeckung zu erwirtschaften.
Diesen Beitrag verfasste Rechtsanwältin Gabriele Quardt in ihrer Zeit bei Müller-Wrede & Partner