Bundesregelung Rekapitalisierung

Am 1.12.2020 hat die Kommission die „Bundesregelung für Rekapitalisierungsmaßnahmen und nachrangiges Fremdkapital“ genehmigt. Diese Regelung ergänzt die Unterstützung, die Unternehmen aus dem ebenfalls genehmigten Wirtschaftsstabilisierungfonds erhalten können, mit dem Vorteil, dass von dieser neuen Regelung auch staatliche Unternehmen profitieren können.

Die „Bundesregelung für Rekapitalisierungsmaßnahmen“ enthält die Möglichkeit, Finanzierungsinstrumente in Form von Vorzugsbeteiligungen, hybriden Finanzinstrumente (Stille Beteiligungen, Nachrangdarlehen oder sonstige hybride Finanzinstrumente) und Beteiligungen mit Vollstimmrecht zu gewähren. Entsprechend den Vorgaben des Temporary Frameworks ist die Gewährung dieser Maßnahmen an die Erfüllung strenger Auflagen (u.a. Verbot der Boni-Gewährung auf Geschäftsleitungsebene) sowie Transparenz- und Berichtspflichten geknüpft. Die Gewährung dieser Maßnahmen ist bis zum 30.09.2021 möglich.

Auf Grundlage dieser Bundesregelung können die o.g. Maßnahmen bis zu einem Betrag von 250 Mio. € durchgeführt werden. Übersteigen die Finanzinstrumente diesen Betrag, müssen die Maßnahmen bei der Kommission notifiziert werden. Diese Schwelle betrifft ausschließlich Rekapitalisierungsmaßnahmen. Anderweitige Beihilfen (z.B. Zuschüsse nach der Bundesrahmenregelung Flugplätze) sind bei der Bestimmung der Notifizierungsschwelle grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Es sei denn, mit der Aufspaltung einzelner Maßnahmen soll diese Schwelle bewusst umgangen werden.

Bei der Durchführung der Rekapitaliserungsmaßnahmen ist außerdem der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Höchstgrenze ist die Wiederherstellung der Kapitalstruktur Ende 2019. Bei der Bestimmung der Verhältnismäßigkeit sind auch andere gewährte Corona-Beihilfen zu berücksichtigen (z. B. Zuschüsse auf Grundlage der Bundesrahmenregelung Flugplätze). Beträgt z. B. das Delta zur Wiederherstellung der Kapitalstruktur zwischen Ende 2019 und Ende 2021 400 Mio. € und wurden bereits ein Zuschuss über 50 Mio. € gewährt, kann die Rekapitalisierung nur noch einen Umfang von 350 Mio. € betragen um verhältnismäßig zu sein.

Im Hinblick auf die Gewährung von Nachrangdarlehen und das Verhältnis zur „Bundesregelung für niedrigverzinsliche Darlehen 2020“ gilt folgendes: Von der „Bundesregelung für Rekapitalisierungsmaßnahmen und nachrangiges Fremdkapital“ sind Nachrangdarlehen für Großunternehmen erfasst, die eine Höhe von zwei Drittel der jährlichen Lohnsumme und 8,4 % des Gesamtumsatzes im Jahr 2019 übersteigen. Unterhalb dieser Schwelle bleibt die „Bundesregelung für niedrigverzinsliche Darlehen 2020“ anwendbar.
Rekapitalisierungsmaßnahmen dürfen nur als ultima ratio gewährt werden, wenn horizontale Maßnahmen zur Liquiditätsdeckung scheitern – also andere Programme nicht ausreichen, um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern. Dabei muss die Wiederherstellung der Kreditfähigkeit im Hinblick auf das Allgemeinwohl geboten sein. Das ist der Fall, wenn die Bestandsgefährdung des Unternehmens erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, Versorgungssicherheit, kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt in der Region oder darüber hinaus hätte. Das begünstigte Unternehmen darf zum 31.12.2019 kein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sein.

Für Vorzugbeteiligung, stille Beteiligung, Nachrangdarlehen und sonstige hybride

Die Gewährung von Rekapitalisierungsmaßnahmen wird regelmäßig mit folgenden Bedingungen verbunden:

  • Organmitglieder und Geschäftsleiter dürfen unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile nicht gewährt werden. Auch Sonderzahlungen in Form von Gratifikationen oder andere gesonderte Vergütungen neben dem Festgehalt, die in das freie Ermessen des Unternehmens gestellt sind und rechtlich nicht gebotene Abfindungen sind verboten.
  • Solange nicht 75 % der Maßnahmen zurückgeführt sind, darf kein Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens eine Gesamtvergütung erhalten, die über die Grundvergütung zum 31.12.2019 hinausgeht. Diese bildet auch die Obergrenze für nachträglich eingetretene Mitglieder der Geschäftsleitung.
  • Verbot der Dividendenausschüttung
  • Veröffentlichung von Informationen über die Verwendung der erhaltenen Beihilfen (alle 12 Monate) und inwieweit die Beihilfen im Einklang mit den EU-Zielen und den Verpflichtungen der Mitgliedsstaaten hinsichtlich des ökologischen und digitalen Wandels verwendet wurden. Diese Verpflichtung besteht auch bereits beim WSF.

Die Erfüllung der Auflagen muss in den Jahresabschluss mit einem Extraauftrag für den Abschlussprüfer aufgenommen und geprüft werden.

Beendigung der Rekapitalisierungsmaßnahmen
Ziel ist es die staatliche Corona-Beteiligung so schnell wie möglich zu beenden. Grundsätzlich sollen Rekapitalisierungsmaßnahmen daher innerhalb von sieben Jahren (für nicht börsennotierte Unternehmen) nach Gewährung beendet werden. Allerspätestens aber nach 10 Jahren – Ausnahmen u.a. bei negativen Auswirkungen der Beendigung der Rekapitalisierung auf die Gesamtwirtschaft sind aber möglich.

Ist der Staat einziger Anteilseigner, gelten für den Exit folgende Voraussetzungen:

  • Kann zwei Jahre nach Gewährung der COVID-19-Rekapitalisierung durch ein unabhängiges Wertgutachten ein positiver Marktwert belegt werden, wird davon ausgegangen „dass der Staat ausgestiegen ist“. Ein zusätzlicher Veräußerungsakt ist nicht erforderlich.
  • Liegt der Marktpreis aber unter dem in Rn. 63 des Temporary Framework festgelegten Mindestpreis, gelten die Auflagen ab dem Zeitpunkt der Gewährung für vier Jahre.
  • Das Unternehmen ist verpflichtet, der beihilfegewährenden Stelle spätestens zwölf Monat nach Gewährung der Rekapitalisierungsmaßnahme eine Strategie für die Beendigung der Rekapitalisierungsmaßnahme vorzulegen.
  • Wenn nach Ablauf von sechs Jahren seit der Gewährung das Gesamtvolumen der Rekapitalisierung nicht auf einen Wert von 15 % des Eigenkapitals zurückgeführt wurde, muss das Unternehmen einen Umstrukturierungsplan nach den Leitlinien zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in Schwierigkeiten vorgelegt werden.

Beteiligungen mit privaten Investoren
Die Bundesregelung für Rekapitalisierungsmaßnahmen enthält folgende neue Regelung:

  • War die Gebietskörperschaft, die die beihilfegebende Stelle errichtet hat, bereits vor der Rekapitalisierung Anteilseignerin, und
  • erfolgt die Zuführung neuen Kapitals durch die beihilfegebende Stelle zu gleichen Konditionen wie durch private Investoren, und
  • ist die private Beteiligung erheblich (mindestens 30 % des neuzugeführten Kapitals), und
  • stellt die Zuführung neuen Kapitals durch die beihilfegebende Stelle aufgrund der besonderen Umstände eine Beihilfe dar, gelten folgende Voraussetzungen:
  • Auflagen im Hinblick auf die Vergütung der Geschäftsführung und das Übernahmeverbot sind auf 3 Jahre befristet.
  • Das Dividendenverbot wird für den Inhaber neue Anteile aufgehoben.
  • Die Voraussetzungen für den staatlichen Exit sind nicht zu beachten
  • Bestimmte Berichtspflichten entfallen oder werden zeitlich begrenzt.

Diesen Beitrag verfasste Rechtsanwältin Gabriele Quardt in ihrer Zeit bei Müller-Wrede & Partner

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