27,5 Mrd. EUR zum Ausgleich indirekter Emissionskosten

Am 19. August 2022 hat die Europäische Kommission eine deutsche Beihilferegelung zur teilweisen Entschädigung bestimmter energieintensiver Unternehmen für höhere Strompreise infolge der Auswirkungen des EU-Emissionshandelssystems (EU-EHS) genehmigt.

Insbesondere energieintensiven Unternehmen entstehen durch das EU-Emissionshandelssystem und die dort verankerte Pflicht zum Handel mit Emissionszertifikaten aus den Auswirkungen der CO2-Preise auf die Stromerzeugungskosten („indirekte Emissionskosten“) erhöhte Kosten. Die nun genehmigte – mit bis zu 27,5 Mrd. EUR ausgestattete – Regelung soll für die umfassten Unternehmen einen Teil dieser erhöhten Strompreise für den Zeitraum 2021 – 2030 abdecken. Hierdurch soll verhindert werden, dass die Unternehmen ihre Produktionskapazitäten in Länder außerhalb der EU mit weniger ehrgeizigen Klimazielen verlagern und infolge einer solchen Verlagerung der CO2-Emissionen der Schadstoffausstoß weltweit gesehen zunimmt.

Voraussetzungen

Es können solche Unternehmen einen Ausgleich erlangen, die in einem der in Anhang I der Leitlinien für bestimmte Beihilfemaßnahmen im Zusammenhang mit dem System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten nach 2021 (im Folgenden „EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen“) aufgeführten Sektoren tätig sind (u.a. Lederherstellung, Metallindustrie oder Papierproduktion).

Um den Kostenausgleich beanspruchen zu können, ist es erforderlich, dass die Unternehmen nachweislich in Energiespar- oder Dekarbonisierungsmaßnahmen investieren. So müssen sie zum einen entweder in ihrem Energiemanagementsystem (Unternehmensplan, in dem Energieeffizienzziele und eine Strategie zu deren Erreichung festgelegt sind) aufgeführte Maßnahmen durchführen oder mindestens 30 % ihres Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen decken. Zum anderen müssen ab 2023 zusätzliche Investitionen getätigt werden, mit dem Ziel, dass die begünstigten Unternehmen mindestens 50 % des Beihilfebetrages in die Umsetzung ihres Energiemanagementsystems oder in die Dekarbonisierung ihres Produktionsprozesses investieren.

Beihilfehöchstbeträge

Die Regelung sieht einen Ausgleich für im Vorjahr angefallene indirekte Emissionskosten vor und soll letztmals 2031 (für das Jahr 2030) gezahlt werden. Der Beihilfehöchstbetrag entspricht in der Regel 75 % der angefallenen indirekten Emissionskosten, kann in einigen Fällen aber heraufgesetzt werden, um die verbleibenden indirekten Emissionskosten auf 1,5 % der Bruttowertschöpfung des Unternehmens zu begrenzen. Um Anreize für Energieeinsparungen zu setzen, wird der Beihilfebetrag auf Grundlage von Stromverbrauchseffizienz-Richtwerten berechnet. Die Kosten für 1 GWh ihres jährlichen Stromverbrauchs haben die Beihilfenempfänger selbst zu tragen. Schließlich werden keine Beihilfen für den Verbrauch selbst erzeugter Elektrizität aus vor dem 01. Januar 2021 in Betrieb genommenen Anlagen gewährt, für die der potenzielle Beihilfeempfänger Anspruch auf eine Vergütung nach dem EEG hat.

Würdigung der Kommission

Die Kommission hat die Regelung nach Art. 107 Abs. 3 lit. c AEUV in Anwendung der Voraussetzungen der EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen geprüft und genehmigt.

Hierbei kam sie zu dem Ergebnis, dass die Regelung erforderlich und geeignet ist, um energieintensive Unternehmen bei der Bewältigung von infolge indirekter Emissionskosten erhöhten Strompreisen zu unterstützen und zu verhindern, dass die weltweiten Treibhausgasemissionen infolge einer Produktionsverlagerung in Länder außerhalb der EU ansteigen.

Im Übrigen erfüllt die Regelung die in den EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen festgelegten Anforderungen an Energieaudits und Energiemanagementsysteme und trägt so zu den Klima- und Umweltzielen der EU sowie den Zielen des Grünen Deals bei.

Schließlich ist die Regelung nach Ansicht der Kommission auf das erforderliche Minimum beschränkt und hat keine übermäßigen negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel in der EU.

Anmerkungen

Die genehmigte Regelung tritt neben Hilfs- und Unterstützungsprogramme im Zusammenhang mit der Energiekrise (siehe u.a. Die Kommission billigt 5 Milliarden Hilfsprogramm zur Unterstützung energie- und handelsintensiver Unternehmen) und ist von diesen zu unterscheiden.

So ist sie bereits im November 2021 notifiziert worden und dient entsprechend den EHS-Leitlinien der nachhaltigen Verhinderung der Verlagerung von CO2-Emissionen (und nicht etwa der Überbrückung von Liquiditätsengpässen in Krisenzeiten o.ä.).

Das EU-EHS bildet einen der Eckpfeiler zur Bekämpfung des Klimawandels auf europäischer Ebene. Im Kontext dieses Systems sollen die EHS-Leitlinien für staatliche Beihilfen verhindern, dass infolge des EU-EHS besonders betroffene Unternehmen ihre Produktionen verlagern und so global gesehen CO2-Emissionen sogar erhöht werden.

*Diesen Beitrag schrieb Christopher Hanke während seiner Tätigkeit als Rechtsanwalt bei MWP.

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