Muss die Erbschaftsteuer-Reform auch die EU-Beihilfenkontrolle passieren?

Die politische Einigung zu der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Reform der Besteuerung ererbten oder geschenkten Betriebsvermögens oder der Anteile an Kapitalgesellschaften ist noch frisch, da stellt sich die Frage, ob es jetzt gilt, auch noch die Europäische Kommission zu überzeugen. Die Erbschaftsteuer-Reform soll insbesondere mittelständische Unternehmen im Fall eines Eigentümerwechsels durch Erbschaft oder Schenkung vor einer Schwächung der Kapitalbasis, wenn nicht sogar vor der Zerschlagung oder Umsiedlung dadurch schützen, dass das betriebliche Vermögen bei der Festsetzung der Erbschafts- oder Schwenkungssteuer ganz oder teilweise verschont wird und dies nunmehr ohne Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Die bestehenden Verschonungsregelungen in den §§ 13 a und 13 b ErbStG sind verfassungswidrig, bleiben aber bis zur Neuregelung anwendbar. Aufgrund des verstärkten Interesses der Europäischen Kommission an steuerlichen Beihilfen, das bereits vor einiger Zeit zur Gründung einer entsprechend spezialisierten Dienststelle in der Generaldirektion Wettbewerb führte, könnten die neuen Verschonungsregelungen eine beihilferechtliche Prüfung erfahren.

Fraglich ist allerdings, ob die (neuen) Verschonungsregelungen auch die Tatbestandsmerkmale der Begünstigung von Unternehmen, des Einsatzes staatlicher Mittel und der Selektivität erfüllen. Wäre dies der Fall, müsste von einer Beihilfe ausgegangen werden, da die Tatbestandsmerkmale Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung nicht für jeden Fall ausgeschlossen werden können. Eine klare Antwort wird jedoch auf sich warten lassen.

Die Verschonungsregelungen könnten durchaus als selektiv angesehen werden. Die Begrifflichkeit alleine deutet auf eine Ausnahme vom Besteuerungsgrundsatz hin, auch wenn dem Prinzip der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit durch die Neuregelung stärker Geltung verschafft werden soll. Die Verschonungsregelungen differenzieren nach der Eigentümerstruktur des Unternehmens, was zwar an der unterschiedlichen Schutzbedürftigkeit der Unternehmen orientiert sein dürfte, aber eben prima facie nicht für eine allgemeine Maßnahme spricht.

Der Einsatz staatlicher Mittel könnte im Verzicht auf Einnahmen der Bundesländer aus dem Erbschaft- und Schenkungssteueraufkommen gesehen werden. Der Umstand, dass die Mittel, auf die der Staat verzichtet und die Mittel, die den betroffenen Unternehmen erhalten bleiben, streng genommen nicht „stoffgleich“ sind, weil nicht die Unternehmen steuerpflichtig sind, dürfte in diesem Zusammenhang noch unbeachtlich sein.

Da die Unternehmen aber nicht unmittelbar begünstigt werden, sondern lediglich faktisch, weil der Steuerpflichtige aufgrund der Verschonungsregelungen dem Unternehmen die Mittel nicht zur Begleichung seiner Steuerschuld entzieht, wird die Frage nach der Begünstigung kniffliger zu beantworten sein. Der Betrieb muss bei Inanspruchnahme der Verschonungsregelungen mehrere Jahre fortgeführt und die Lohnsumme darf grundsätzlich nicht verringert werden. Die Regelungen hindern den steuerverschonten Eigentümer aber nicht zwangsläufig daran, dem Unternehmen die Mittel trotzdem zu entziehen. Ob die neue Ausgestaltung der Bedürftigkeitsprüfung daran etwas ändern wird, wird sich noch zeigen.

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